Manche Trips sind in etwa so leicht zu verdauen wie Schweinsbraten oder Mayonnaisesalat. Nach meinem ersten psychedelischen Trip war ich vor allem eines: reichlich verwirrt. Meine komplette Weltsicht war immerhin innerhalb weniger Stunden auf den Kopf gestellt worden… Ich hatte keine Ahnung, was ich mit dem mir Gegeben anfangen sollte. Ich hätte damals dringend einen Auskenner zum Reden gebraucht, denn obwohl mir meine Freunde zuhörten, konnte mir niemand Antworten auf meine Fragen geben.
Zum Glück hat sich das mittlerweile geändert, nicht zuletzt, weil wir uns in der sogenannten „Psychedelischen Renaissance“ befinden: Das Internet ist voll von Foren zu schlechten wie guten Trips, es gibt in den meisten (westlichen) Großstädten Psychedelic Societies sowie Integrationskreise, die man konsultieren kann, und selbst die Mainstream Medien greifen das Thema Psychedelika hin und wieder einmal auf.
Trotzdem gibt es verhältnismäßig wenig Literatur zum Thema Integration. Was ich mit Integration meine? Mit Integration bezeichnet man (in diesem Kontext) den Prozess, einen psychedelischen Trip zu verdauen und ins Leben zu integrieren. Es wäre schade, die gesammelten Erfahrungen und Erkenntnisse als unabhängig vom Leben zu betrachten, bis sie irgendwann verblassen oder in Vergessenheit geraten. Viel eher geht es bei der Integration darum, den Trip als Teil des eigenen Lebens zu betrachten und daraus zu lernen.
Im Folgenden ein paar meiner ganz persönlichen Tipps, die ich sehr allgemein formuliere, damit sie für alle schönen, schwierigen, intensiven, mystischen und lustigen Trips gleichermaßen angewandt werden können.
-
Vorbereitung:
Eine gute Vorbereitung gehört auch schon zur Nachbereitung. Überleg dir vorab, was du mit dem Trip intendierst, was deine Erwartungen sind, und was deine Ängste sind. Überleg dir gut, welche Substanz und welche Dosis für das von dir bezweckte Vorhaben am besten sind und achte wie gewohnt auf Set und Setting. Willst du nur Spaß haben oder möchtest du etwas Bestimmtes herausfinden/erreichen? Dann wäre es nicht schlecht, dir Fragen zu überlegen, die deine Energie während eines Trips dann in eine bestimmte Richtung lenken können. Bei einem wirklich intensiven Trip (zB. Heroic Dose) empfiehlt sich, die Vorbereitungszeit auszudehnen und diese mit gesunder Ernährung, Meditation und Achtsamkeit zu gestalten.
-
Während des Prozesses:
Versuche wenn möglich, nicht alle Erkenntnisse sofort festzuhalten und das Erlebte nicht gleich auf die rationale/sprachliche Ebene zu brechen. Nach meiner Erfahrung geht damit einiges verloren bzw. kann es sein, dass man sich in ein gewisses Problem verrennt oder Panik bekommt, weil man im momentanen Bewusstseinszustand gar keinen Zugang zur geordneten Welt der Rationalität findet. Man kann leider keine Erkenntnisse erzwingen und auch nicht kontrollieren. Mit Erfahrung und Fingerfertigkeit ist es nach meiner Erfahrung aber sehr wohl möglich, in gewisse Richtungen zu lenken.
-
Nachbereitung:
Nun fängt die eigentliche Integration an. Je nach Intensität deines Trips sieht der Prozess natürlich ein wenig anders aus. Als ersten Schritt solltest du aber auf jeden Fall:
-
- Ruhen: Den After Glow auskosten, etwas (Gesundes) essen und dann schlafen gehen. Der nächste Tag sollte auf jeden Fall frei sein von gesellschaftlichen Verpflichtungen, um dir genügend Zeit zum Runterkommen zu geben.
-
- Kunst: Schreib nieder, was du erlebt hast. Wenn Worte hier nicht zielführend sind, kannst du dich auch auf andere Art und Weise künstlerisch ausdrücken. Dies ist natürlich kein Zwang, aber ich persönlich finde, es gibt nichts Hilfreicheres um die teils sehr abstrakten Empfindungen und Einsichten während eines Trips fassbar zu machen. Die vielen aufgenommenen Eindrücke müssen schließlich auch wieder hinaus.
-
- Freunde, Integrationskreise: Reden hilft. Vor allem wenn die andere Person ähnliche Erfahrungen gemacht hat, sich bestenfalls mit Psychedelika auskennt und neues Licht auf die von dir dargelegten Erfahrungen wirft. Aber auch wenn die Ratschläge von anderen Leuten hilfreich sein können, geht es in Wirklichkeit um das Mitteilen. Denn im Erzählen machst du das Chaos für dich selbst geordneter, da du es strukturieren musst, um verständlich zu sein. Es verhält sich ähnlich der Interpretation von Träumen: Andere Leute können dir zwar Symbole erklären oder dir ein Know How in die Hände geben. Aber im Endeffekt weißt immer nur du selbst, was der Traum bedeutet.
-
- Ordnung in das Wirrwarr bringen: ein länger anhaltender Prozess. Du musst bedenken, Psychedelika sind kein direkter Weg zur Weisheit – sie werden dir kaum in einem kurzen prägnanten Satz die Antwort auf all deine Fragen geben. Manche Erkenntnisse sind irreführend, paradox, widersprüchlich. In einem meiner Trips erkannte ich, dass alles Gott ist. In einem anderen, dass es Gott nicht gibt, sondern er nur eine Projektion des Menschlichen ist. Wer kann dir sagen, ob das, was du in einem bestimmten Moment mit absoluter Gewissheit als wahr empfunden hast, auch in einem absoluten Sinne wahr ist? Man muss entscheiden, was für das eigene Leben gut und brauchbar ist. Man muss filtern. Man muss lernen, mit Paradoxien umzugehen und erkennen, dass es verschiedenste Wege zur Wahrheit gibt, vielleicht sogar verschiedenste Wahrheiten.
-
- Anwendung! Ein aus dem Leben gegriffenes Bilderbuchbeispiel: Du hast während des Trips erkannt, dass deine latente Unsicherheit in sozialen Situationen auf einem komplett falschen Gedanken fußt, den du irgendwann als Kind gelernt und nie hinterfragt hast, und es eigentlich absolut keinen Grund für Unsicherheit gibt. Dann handle in Zukunft auch danach! Dies umzusetzen benötigt Achtsamkeit und ist sicher anfangs nicht leicht (kognitive Dissonanz lässt grüßen)- aber es lohnt sich. Ansonsten kannst du so viel trippen wie du möchtest, es werden wenige nennenswerte Veränderungen in deiner (Selbst-)Wahrnehmung entstehen. Ich wiederhole mich zwar, aber ich finde, dass Psychedelika dir immer nur soweit helfen können, wie du dir selbst hilfst. Wie in allen Beziehungen muss man auch etwas mitbringen, um etwas zu erhalten.
- Bei sogenannten schlechten Trips verhält es sich ähnlich wie bei guten: Ruhen, Reden, Schreiben, Reflektieren, den Grund für die schlechten Erlebnisse herauszufinden versuchen – und sich bei Bedarf helfen lassen. Es ist durchaus möglich, Posttraumatische Belastungsstörungen (PTSD) von schlechten Trips davonzutragen, die sich dann in verschiedenen Symptomen äußern können (Angstzustände, Panikattacken, Schlaflosigkeit). Spätestens dann sollte man sich auf jeden Fall (psychospirituelle) Hilfe aufsuchen.
1 Kommentar